Blaugrüne Steine finden

Mit etwas Vorstellungskraft kann man in den «Gruobas Ursera» in die Welt des Bergbaus eintauchen. 
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Bergwanderung, 2,5 Stunden von Ferrera zur Roffla

Wer genau hinschaut, dem öffnet sich eine Welt des Bergbaus. Doch man muss wissen, was es zu sehen gibt – oder sich auf Entdeckung begeben. Ungewöhnlich sind zwar die Steinhaufen und Mauern hier oben auf dem abgelegenen Plateau schon. Da ist zum Beispiel zuerst dieses lange, flache Wegstück in diesem sonst steilen Gebiet: ein künstlich angelegtes Trassee. Auf Holzschienen fuhren Wagen das Erz über mehrere Hundert Meter von den hinteren Minen zur Seilbahnstation, die über der Felswand tronte. Von dort transportierte man das Material weiter zur «Schmelza» in das Tal hinunter, wo es die Bergleute verhütteten. So beschrieb es Hans Stäbler 1981 in seiner Broschüre zum «Bergbau im Schams». Er gibt überhaupt einen guten Überblick zu den 24 Orten, an denen in der Region Erz abgebaut wurde. ︎︎︎ PDF
In den «Gruobas Ursera» ist über Jahrhunderte gegraben worden, urkundlich belegt seit dem 17. Jahrhundert. Als  «Silberberg» war dieser Ort bekannt. Was aber vor allem noch zu sehen ist, sind die Spuren der «Val-Sassam Mines Company». Die Tochtergesellschaft einer britischen Firma begann 1865 im grossen Stil Kupfer- und Silbererze abzubauen. Sie nutzte die früheren Anlagen, baute sie um und weiter. Bis zu 70 Personen sollen hier gearbeitet haben. Das Erz wollten die Verantwortlichen sogar nach Swansea in Wales bringen, um es dort zu schmelzen. Der Plan ging nicht auf, die Adern waren zu verteilt und zu wenig mächtig, vielleicht auch der Erzgehalt zu klein. Schon 1870 ging die «Company» Konkurs. Zwar erwarben später noch andere die Konzession für Ursera, es blieb aber bei diesem letzten Versuch.


Seit 2009 kümmert sich ein Verein um die weitläufige Anlage. Kleine, nicht markierte Wege im hügeligen Waldstück führen zu Eingängen von verschiedenen Stollen – Achtung Einsturzgefahr, nicht auf eigene Faust betreten! Grosse Steinhalden zeugen heute noch von den intensiven Arbeiten vor fast 150 Jahren. Der Verein Erzminen Hinterrhein stützt die Reste der einstigen Knappenhäuser, sichert Mauern und betreibt ein kleines Bergbaumuseum in Innerferrera. 2022 hat er zum Beispiel zusammen mit der Archäologie die Reste der Seilbahnstation von 1866 – die mächtige, aber einstürzende Stützmauer – gesichert. In den Sommermonaten finden Führungen statt. ︎︎︎ Verein Erzminen Hinterrhein
Der Besuch der Anlage lohnt sich auch für Familien – sofern man den einstündigen, Aufstieg aus dem Ferrera schafft. Hier gibt es eine Feuerstelle, ein Bächlein, das in den Untergrund verschwindet, und vor allem leuchtend blaue und grüne Steine. Es sind die Sekundärmineralien Azurit und Malachit, also Steine, die man nicht verwendete oder wahrscheinlich in frühen Zeiten für Färbezwecke nutzte.
Und wer jetzt vom Bergbauvirus infiziert ist und noch mehr Bergbauorte besuchen will, verschafft sich einen Überblick bei Martin Schreiber. Seit bald 40 Jahren studiert er Quellen und betreibt eine Webseite, in der er die Anlagen in Graubünden auflistet. ︎︎︎ Bergbauforschung Graubünden



Wie komme ich hin?
Von der Haltestelle Schmelzi in Ausserferrera verläuft der Weg entlang der Strasse Richtung Andeer – an den Resten der «Schmelza» vorbei. Nach rund 100 Metern zweigt der Wanderweg links Richtung Fluss «Ragn da Ferrera» ab. Nach der kleinen Brücke ist man im wildromantischen Zauberwald, der von Bouldern aus der ganzen Welt heimgesucht wird. Felsbrocken, moosbewachsene Steine, darüber hohe Tannen: ein magischer Ort. Tauchen vielleicht Fabelwesen auf? Zwischen den bemoosten Steinen verlaufen viele kleine Wege, wir bleiben auf dem Hauptweg und wandern im Zickzack aufwärts. Der Aufstieg ist anstrengend, dauert rund eine Stunde. Endlich erreichen wir das Plateau der «Gruobas».

Über rund 400 Meter erstreckt sich hier die weitläufige Ansammlung von Erzminen, Fördertrassee und Resten von Grundmauern. Im südlichen Teil finden wir Ruinen vom Knappenhaus. Hier wendet sich der Weg gegen Norden, meistens entlang dem abwechslungsweise wilden, dann sanften Tal. Nach rund 450 Metern überqueren wir ein kleines Sumpfgebiet. Sobald wir die Kantonsstrasse nach rund einer Stunde erreichen, gehen wir nach rechts über die Averser-Brücke. Direkt nach der Brücke zweigt der Pfad links entlang dem Fluss talabwärts. Wir durchqueren das Areal des modernen Steinbruchs. Von hier erreichen wir über die Strasse das Restaurant Rofflaschlucht, davor liegt die Postautohaltestelle. 
︎ Gruobas UrseraGemeinden: Ferrera und Andeer
︎︎︎ Naturpark Beverin
Koordinaten: 2 752 800 / 1 159 450
Höhe: 1525 m.ü.M.

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Bergwanderung
Der Weg ist im ersten Aufstieg nicht immer einfach zu finden
T3 nach ︎︎︎ SAC-Wanderskala
Achtung: Stollen wegen Einturzgefahr nicht betreten!

Beste Zeit: Mai bis November

2,5 Stunden
5 km, + 400 m, - 550 m
Start: Postautohaltestelle
«Ferrera, Schmelzi»
Ende: Postautohaltestelle
«Andeer, Rofflaschlucht»


︎︎︎ Karte

︎︎︎ Führungen des Vereins Erzminen Hinterrhein im Juli und August